Wie Aquarientiere mit dem Ballastwasser die Welt erobern

Am Beispiel der Neuseeland Zwerdeckelschnecke, Potamopyrgus antipodarum.

Die Erdteile waren ein­mal eins und hie­ßen als Urkontinent Pangea. Das Leben bil­dete sich und der Urkontinent teilte sich in die sie­ben Kontinente. Lebewesen, die vor einer Landteilung exis­tier­ten, fin­den sich häu­fig auf bei­den Landteilen, ent­wi­ckeln sich jedoch unab­hän­gig zuein­an­der wei­ter. Australien ist ein Zeitartefakt, da sich hier die Beuteltiere hiel­ten, die ansons­ten weit­ge­hend unter gin­gen, da andere Tiere ihnen irgend­wann über­le­gen waren. Mit dem Menschen, der die ganze Welt bereist, ent­steht ein Problem, dass Tiere andere „Welten“ errei­chen und hier emp­find­li­che Schäden an dem dort aus­ge­wo­ge­nem Ökosystem neh­men kön­nen. Ratten oder Kaninchen haben auf die aus­tra­li­sche Fauna emp­find­li­che Auswirkungen und erste Beuteltiere sind bereits aus­ge­stor­ben oder stark gefährdet.

Was hat das mit der Aquaristik zu tun?

Erst ein­mal nicht viel und dann jedoch eine ganze Menge. ABallastwasseruch  Aquarientiere kom­men irgendwo auf der Welt in freier Wildbahn vor, jedoch meist nicht als Hochzuchtformen. Auch diese Tiere rei­sen um die Welt und zwar im Ballastwasser der Schiffe. Damit Frachtschiffe sicher im Wasser lie­gen, müs­sen sie ein gewis­ses Gewicht haben und die­ses muss einen pas­sen­den Schwerpunkt mit­brin­gen. Damit die­ses bei Leerfahrten nicht zum Problem wird, haben viele Schiffe Ballastwassertanks. Hier neh­men sie für die Leerfahrt Wasser auf, fah­ren in einen ande­ren Hafen und geben das Wasser beim Beladen wie­der ab. Es wer­den hier­bei Tiere und Pflanzen aller Art trans­por­tiert, die meis­ten ster­ben ab aber einige über­le­ben. Die Potamopyrgus anti­po­darum erobert die Welt Die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke, Potamopyrgus anti­po­darum, besie­delt Süßwasser und auch Brackwasser.

Inzwischen fin­det man sie über­all in der Welt, da sie durch Schiffe von einem Flussmündungshafen in den nächs­ten gefah­ren wird. Je schnel­ler die Schiffe fah­ren, umso mehr Tiere blei­ben am Leben und umso wei­ter kom­men diese. Europa wurde ver­mut­lich über England besie­delt, inzwi­schen gibt es die Potamopyrgus anti­po­darum bereits im Bodensee und vie­len ande­ren Gewässern. Diese Schnecke mag es, wenn orga­ni­sche Abwässer die Gewässer etwas belas­ten, sie mag ste­hende und flie­ßende Gewässer und scheint große Temperaturschwankungen zu ver­kraf­ten und viele Wasserwerte zu ver­tra­gen. Sie fin­det sich durch den zur See fah­ren­den Menschen wirk­lich schon fast welt­weit in geeig­ne­ten Gewässern.

Die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke hat in Nordamerika hei­mi­sche Wasserdeckelschnecken der­art ver­drängt, dass diese vom Aussterben bedroht sind. In Neuseeland sind diese Schnecken bis über 1 cm groß, in Europa eher bis 5 mm sowie außer in Neuseeland die meis­ten Bestände fast nur aus weib­li­chen Exemplaren bestehen, die sich lebend­ge­bä­rend mit über 200 Jungen im Jahr von ganz alleine meh­ren, auch ohne männ­li­che Tiere. Bis zu 100.000 Exemplare lie­ßen sich bereits auf nur einem m² fin­den. Für die Aquaristik ist die leicht zu hal­tende und schnell ver­mehr­bare Potamopyrgus anti­po­darum inter­es­sant zum Verwerten orga­ni­scher Reste im Becken oder zur Nachzucht als Futtertier für schne­cken­fres­sende Fische oder Krebse.

Wie der Aquarianer die hei­mi­sche Fauna verändert

Neben der geziel­ten und unbe­ab­sich­tig­ten Einbürgerung von frem­den Tierarten in die hei­mi­sche Fauna gibt es auch die Heimtierhalter, die kein wirt­schaft­li­ches Interesse oder eine exis­ten­zi­elle Notwendigkeit in der Tierhaltung sehen. Katzen, Kaninchen, Schafe, Hunde, Ratten und andere Tiere waren in Australien nicht hei­misch, sind es nun jedoch. Einige die­ser Tierarten kamen als Haustiere und nicht als Nutztiere oder als blinde Passagiere.

Süßwasser- Aquarianer hal­ten Tiere aus Südamerika, Nordamerika, Asien, Afrika oder Europa und einige der Tiere oder Pflanzen kön­nen sich in der frem­den Heimat hal­ten, wenn sie aus­büch­sen kön­nen. Die Süßwassergarnele stammt eigent­lich aus dem Mittelmeerraum und ist jetzt auch bereits in ande­ren euro­päi­schen Regionen hei­misch. In der Aquaristik wären jedoch die Apfelschnecken der Gattung Pomacea ein bekann­tes Beispiel für den Einfluss auf die hei­mi­sche Fauna: Alle Apfelschnecken der Gattung Pomacea (alle ande­ren nicht) wur­den in der EU für die Einfuhr und den Handel ver­bo­ten, da sie in wär­me­ren sowie feuch­te­ren Regionen Spaniens große Schäden in der Landwirtschaft ver­ur­sach­ten. Ohne ent­spre­chende Fressfeinde meh­ren sie sich und fres­sen die Vegetation ein­fach nieder.

Der Mensch oder auch die hei­mi­sche Fauna neh­men Schaden. Wenn eine fremde Art sich in der hei­mi­schen Fauna aus­brei­ten kann, ist die­ses weni­ger ein Problem als wenn dadurch hei­mi­sche Arten ver­drängt wer­den. Hierbei bauen die Pflanzen- und Tierarten auf­ein­an­der auf und wenn eine Art unter­geht, neh­men in der Regel meh­rere andere Schaden. Diese brau­chen genau die­ses Tier oder diese Pflanze, um sel­ber gut funk­tio­nie­ren zu kön­nen. Es kann ein Dominoeffekt statt­fin­den, des­sen Folgen nicht abseh­bar sind.

Wer in der Aquaristik nicht allein hei­mi­sche Arten hält, sollte bemüht sein, dass diese sein Aquarium nicht ver­las­sen. Wer die­ses auf­löst, darf es dann nicht ein­mal in ein Gewässer ent­lee­ren son­dern sollte die Tiere und Pflanzen in die Hände ande­rer Aquarianer geben. Es ist gesetz­lich sogar ver­bo­ten, diese frem­den Tierarten ein­fach aus­zu­wil­dern. Die meis­ten wür­den jedoch qual­voll ein­ge­hen, da sie mit den hie­si­gen Lebensbedingungen nicht klar kom­men wür­den. Einige hin­ge­gen über­le­ben die ers­ten Jahre und pas­sen sich dabei an das andere Klima wei­ter an und kön­nen dadurch emp­find­li­chen Einfluss auf das ganze Ökosystem neh­men. Der Naturschutzverein NABU weist des­we­gen auf sei­ner Webpräsenz nicht Grundlos immer wie­der auf die­ses Problem hin.

Grafik Wikipedia:maxxl2-Lizenz CC BY-SA 3.0