Roter Piranha

Roter Piranha

Natterers Sägesalmler
Pygocentrus nattereri

Natterers Sägesalmler oder Roter Piranha (Pygocentrus nattereri, Syn.: Serrasalmus nattereriRooseveltiella nattereri) ist der am weitesten verbreitete Piranha. Benannt ist er nach dem Sammler der Typusexemplare Johann Natterer.
In Brasilien wird Pygocentrus nattereri wegen seiner kräftigen roten Bauchfärbung oft Piranha Vermelha oder Piranha Caju und im spanischsprachigen Raum meist einfach nur Piraña genannt. Im Deutschen findet man auch die Bezeichnung „Rotbäuchiger Piranha“, eine Übersetzung aus dem englischen Red-bellied Piranha.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet erstreckt Piranha Kopfpartiesich über das Amazonas- und Orinocogebiet, alle Guayana-Länder sowie den Río de la Plata, Río Paraguay und den Río Paraná. Er kommt somit inVenezuela, Kolumbien, Französisch-Guayana, Surinam, Guayana, Ecuador, Peru, Brasilien, Bolivien, Paraguay, Argentinien und Uruguay vor. Im brasilianischen Pantanal kommt er in den Flüssen und periodisch miteinander verbundenen Seen und Lagunen häufig vor. In Flüssen wie dem Rio Negro und Rio Machado, welche eine hohe Primärproduktionaufweisen, tritt er ebenfalls sehr häufig auf.

Vorkommen in den US-Bundesstaaten Florida, Hawaii, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Ohio, Oklahoma, Pennsylvania, Texas und Virginia sind die Folge von Besatz mit Tieren aus Aquarienhaltung.

Merkmale

Natterers Sägesalmler besitzt den für seine Gattung typischen, relativ hochrückigen und seitlich zusammengedrückten Körperbau. Mit zunehmendem Alter nimmt die Hochrückigkeit zu. Er erreicht eine Größe von etwa 30 Zentimetern, wobei die Männchen im Allgemeinen kleiner bleiben. Das bislang größte Exemplar wurde im Río Cuiaba im Pantanal im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul gefangen. Ein 3,8 Kilogramm schweres Exemplar stammte aus dem Rio Xingu.

Die bläulich bis braungraue und stark silbrig glänzende Grundfärbung wird von über den ganzen Körper verteilten, metallisch glitzernden Punkten unterbrochen. Die Körperunterseite ist kräftig rot gefärbt. Die Rückenflosse ist von grauer Farbe, die Schwanzflosse ist dunkel bis schwarz gefärbt und hat einen hellen Mittelteil. Bei Jungfischen ist die Afterflosse rot gefärbt, adulte Tiere tragen zusätzlich einen schwarzen Saum. Während der Laichzeit ist die Farbgebung insgesamt deutlich dunkler und die Intensität von einzelnen metallisch glänzenden Schuppen nimmt zu.

Ernährung

Roter PiranhaNeuere Untersuchungen von Magurran und Queiroz zeigen, dass es sich bei Pygocentrus natteri überwiegend um Allersfresser handelt. Das Nahrungsspektrum von Natterers Sägesalmler ist vielfältig, er ernährt sich von Fischen, Aas, Insekten, Krebsen, Weichtieren und nimmt auch pflanzliche Nahrung auf. Kleinere Tiere begeben sich vorwiegend tagsüber auf Nahrungssuche, während mittlere und große Exemplare die Dämmerstunden am Morgen und am Abend bis etwa 22:00 Uhr bevorzugen. Innerhalb der Gruppen bilden sich Hierarchien heraus.

Typisch ist die Lauerjagd aus dichter Vegetation heraus, Gruppen von 20 bis 30 Exemplaren warten im Schutz von Vegetation auf potentielle Beute. Diese wird üblicherweise von hinten oder unten angegriffen, nachdem sie das Versteck passiert hat. Angriffe werden häufig von Einzeltieren, gefolgt von ein bis zwei Artgenossen ausgeführt. Gelegentlich verlässt als Reaktion auf plötzliche Bewegungen im Wasser, ins Wasser gefallene Objekte oder Fischschwärme, die die Lauerstellung passieren, auch die ganze Gruppe die Deckung. Neben dieser Überfalltaktik spielt auch die Verfolgungsjagd im offenen Wasser eine Rolle, auch ihr geht häufig eine Wartestellung in der Vegetation voraus.

Bei der Jagd nach Insekten, Weichtieren und Krebsen werden Pflanzen oder der Gewässergrund visuell auf mögliche Beute untersucht, während der Fisch seine Position hält. Geeignete Nahrung wird dann mit einer plötzlichen Vorwärtsbewegung ergriffen („scan-and-pick tactic“).

Natterers Sägesalmler schließt sich immer wieder in Schwärmen zusammen, die weniger der Beutejagd, sondern vielmehr dem Schutz vor Fressfeinden wie Flussdelfinen, Kaimanen und Pirarucus dient. Der Zusammenschluss in Schwärmen senkt das Stressverhalten der Piranhas deutlich. Trennt man ein Individuum vom Schwarm, so zeigt es ein deutliches Angstverhalten wie eine verstärkte Atem- und Herzfrequenz.

Die Schwärme sind unbeständig, während sich die größeren adulten Exemplare im Kern des Schwarms aufhalten, finden sich die jüngeren Exemplare am Außenbereich und sind ständig auf Beutesuche. Der Erhaltungsbedarf der juvenilen Tiere ist höher als der der Alttiere, deswegen zeigen sie wesentlich mehr Aktivität und schnappen nach potenzieller Beute. Adulte Exemplare haben in der Schwarmmitte höhere Überlebenschancen gegenüber Angriffen von Räubern und ernähren sich von den Resten, die von den Jungtieren übrig bleiben. Kommt es zum Fressrausch, dann können sich die Tiere teilweise auch gegenseitig verletzten. Beobachtet wurde eine auffallend schnelle Wundheilung bei verletzten Piranhas.

In Trockenzeiten werden die Schwärme, die sich normalerweise auf einen großen Wasserkörper verteilen, auf dichten Raum in Schwärmen von 50, 100 oder mehr Fischen und teilweise auch Fressfeinden zusammengedrängt, was ihre Aggressivität enorm steigert.

Fortpflanzung

Trotz seiner vergleichsweise weiten Verbreitung ist das Brutpflegeverhalten von Natterers Sägesalmler vorwiegend aus Beobachtungen von in Aquarien gehaltenen Tieren bekannt. Während der Balz schwimmen Männchen und Weibchen in kleinen, gegenläufigen Kreisen und richten im Moment des geringsten Abstands die Bauchseiten einander zu. Mit Schlägen der Schwanzflosse und Wasserstößen aus dem Maul wird zwischen Pflanzen eine 4 bis 5 Zentimeter tiefe und im Durchmesser etwa 15 Zentimeter umfassende Laichgrube ausgehoben. Nach einer Reihe von Scheinpaarungen erfolgt das eigentliche Ablaichen in den frühen Morgenstunden, während die Tiere unter starkem Zittern ihre Hinterleiber aneinander pressen.

Unterkiefer eines Piranhas
Unterkiefer eines Piranhas

Das Männchen fängt die herabfallenden Eier mit seiner Afterflosse auf und schleudert sie dann in die Laichgrube. Ein Gelege kann bis zu 4000 der gelben, ungefähr 1,5 Millimeter großen und stark klebrigen Eier umfassen. Das Männchen betreibt Brutpflege und vertreibt Eindringlinge, potentielle Bedrohungen außerhalb der unmittelbaren Umgebung des eigenen Nests werden jedoch nicht angegriffen. Bei 28 bis 29 Grad Celsius schlüpfen die Larven nach 3 bis 4 Tagen, weitere 3 Tage später beginnen sie frei zu schwimmen und das Vatertier stellt die Brutpflege ein. Im Rio Miranda, einem Nebenfluss des Rio Paraguay wurde die Fortpflanzung von Pygocentrus nattereri in freier Natur beobachtet. Schulen in Größen von 20 bis 25 geschlechtsreifen Fischen wandern zu Beginn der Regenzeit auf überschwemmtes Grasland und laichen dort ab.

In denWeißwasserflüssen und Überschwemmungswäldern des Mamirauá-Nationalpark bei Tefé im brasilianischen Bundesstaat Amazonas wurde festgestellt, dass es bei Pygocentrus nattereri zwei annuelle Reproduktionsperioden gibt, die abhängig von der Fluktuation des Wasserstandes und des Flutimpulses sind. Die Weibchen produzieren bis zu 30.000 Eizellen, von denen aber im Durchschnitt weniger als 1/3 heranreift. Die Geschlechtsreife beginnt bei beiden Geschlechtern bei einer Körpergröße von etwa 160 Millimetern. Zu diesem Zeitpunkt dunkeln die geschlechtsreifen Tiere nach und verlieren zeitweise ihre lebhafte bunte Färbung. Während sich die Tiere für den Laichvorgang auf überfluteter Ufervegetation oder überschwemmten Grasland aufhalten, ziehen nicht reproduktive Exemplare das offene Wasser vor.

Übersicht
SynonymeRooseveltiella nattereri
Pygocentrus altus
Pygocentrus stigmaterythraeus
Serrasalmo piranha
FamilieSalmler (Characidae)
VerbreitungStromgebiete des Amazonas, Orinoco, Rio Paraguay
Fischgrößebis zu 27 cm
Haltungim kleinen Schwarm,
Vorsicht beim Hantieren im Becken.
BeckenBecken ab 120 cm Länge
Versteckmöglichkeiten bieten
Wasser20 -28°C
pH 6-7
Härte bis 20°dGH
FutterLebend-, Frostfutter, Rinderherz
SonstigesZucht in großen Aquarien möglich

Rolle im Ökosystem

Pygocentrus nattereri spielt im neotropischen Süßwasser-Ökosystem Südamerikas als Raubfisch eine bedeutende Rolle.
Während der im Unterlauf des Amazonas auftretenden Springflut Pororoca und daraus entstehenden Tidenwelle, die sich von der Mündung landeinwärts ausbreitet, kann der Wasserstand um bis zu 15 Meter steigen. Durch das Hochwasser kommt es wiederholt zu einem massenhaften Ertrinken von Haus- und Wildtieren, die als Kadaver auf den Gewässern treiben und zu Seuchen führen können. Piranhas besetzen die ökologische Nische als Aasfresser und werden wegen dieses Verhaltens auch als „Hyänen“ oder „Geier des Süßwassers“ oder „Gesundheitspolizei“ bezeichnet. Sie sind darauf spezialisiert, tote, verletzte oder kranke Tiere zu fressen, die sie in kleinen Gruppen angreifen.

Nutzen

Natterers Sägesalmler dient lokal als Speisefisch, Sportfisch für Angler und Aquarienfisch. Piranhafleisch besteht aus 8,2 Prozent Fett, 15 Prozent tierischem Protein und 4,4 Prozent Mineralstoffe.

Roter Piranha als Neozoon

Seit den 1960er Jahren wurde in den südlichen Bundesstaaten der USA vermehrt bewusstes oder unabsichtliches Freisetzen von Piranha-Arten wie Pygocentrus natteri undSerrasalmus rhombeus in Wildgewässer Floridas, Alabama, Louisianas, Texas, Arizonas und Kaliforniens beobachtet. Untersuchungen in Laboratorien zur Kältetoleranz von Pygocentrus natteri brachten das Ergebnis, dass Wassertemperaturen von 10 °C die kritische lethale Schwelle für das Überleben sind. Wird diese Temperatur unterschritten, kann keine Population von P. natteri bestehen. Ein Überleben der Art könnte im Süden Kaliforniens, Texas, Florida und Hawaii gewährleistet sein, solange die Mindestwassertemperaturen 14 °C betragen. Die Untersuchungen zeigten auch, dass die Aktivität und Aggressivität der Art mit steigenden Wassertemperaturen zunahm. Bei Wassertemperaturen unter 14 °C zeigten die Fische kein Jagdverhalten mehr.

Während in Bangladesch Versuche unternommen wurden, Pygocentrus nattereri als Speisefisch in Polykulturen zusammen mit einheimischen Fischen zu halten, gilt der Fisch im südlichen Indien als invasive Spezies, die in einigen Gewässern das natürliche Gleichgewicht der einheimischen Fischfauna bedroht.

Aquaristik

In Aquarien ab 120 cm Länge ist die Pflege einiger Jungfische möglich. Mit zunehmendem Alter werden die Tiere jedoch aggressiver und verletzen sich bei Raufereien gegenseitig. Vor allem, wenn sie nicht ausreichend gefüttert werden. Im Becken Versteckmöglichkeiten bieten. Gute Filterung.


Quellen: Fotos alle unter Lizenz CC SA-BY 4.0
Roter Piranha: Cliff  | Kopfpartie: Tino Strauss  | Unterkiefer: Sarefo
Der Artikel wurde erstellt und bearbeitet unter Benutzung von Wikipedia

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